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Herzberger, J. (Ed.), Wissenschaftliches Rechnen: Eine Einführung in das Scientific Computing

Akademie Verlag Berlin, ISBN 3-05-501 680-7 Pb / ISBN 3-05-501 694-7 Pp, 1995, pp. 321  

Mit der sehr erfolgreichen Entwicklung des Zweiges der Mathematik, der heute gemeinhin als Wissenschaftliches Rechnen bezeichnet wird, nehmen natürlich auch die diesem Anliegen gewidmeten Buchproduktionen zu. Zehn auf speziellen Gebieten der Numerischen Mathematik ausgewiesene, kompetente Fachleute haben sich nun zusammengefunden, um vorrangig einige neuere Teilbereiche der computerorientierten Numerik vorzustellen, die im letzten Jahrzehnt in der praktischen Anwendung und im Zusammenwirken mit den Möglichkeiten von Computeralgebrasystemen an Bedeutung gewonnen haben. Der Untertitel des Buches ,,Eine Einführung in das Scientific Computing`` erscheint dabei gemessen an der Stoffauswahl und dem wissenschaftlichen Anspruch der Stoffvermittlung etwas irreführend.

Das Buch beginnt mit einer sehr gelungenen Einführung in die beim numerischen Rechnen auf Computern auftretenden Probleme und einer Übersicht über vorhandene Standardisierungen der Computerarithmetik (G. Bohlender, Chr. Ullrich). Für den Leser dürften dabei vor allem auch die mit der Einführung von Standards verbundenen praktischen Schwierigkeiten und die vergleichende Wertung der verschiedenen Ansätze von großem Interesse sein. Aus der Sicht des symbolischen Rechnens verdient das zweite Kapitel, das dem automatischen Differenzieren gewidmet ist, besondere Beachtung (H. Fischer). Automatisch differenzieren heißt allerdings in diesem Kontext, Algorithmen, die Ableitungswerte numerisch bestimmen, systematisch zu erzeugen und anzuwenden. Eine Reihe effizienter Vorgehensweisen werden mathematisch aufbereitet und die daraus abgeleiteten Algorithmen hinsichtlich Praktikabilität und Komplexität bewertet.

Der überwiegende Teil des Buches ist computerorientierten numerischen Verfahren mit aktuellem Anspruch aus der Hochleistungsrechentechnik und großer Bedeutung für viele relevante Anwendungsgebiete gewidmet. Das betrifft einerseits wichtige Forschungsergebnisse der letzten Jahre, die hier in einer geschlossenen Sicht vorgestellt werden, andererseits Methodenbereiche, die schon seit längerer Zeit aktuell sind, in der Standardliteratur aber zu kurz kommen:

Isolierung reeller Nullstellen von Polynomen (W. Krandick), Einschließungsverfahren (G. Alefeld, G. Mayer), parallele asynchrone Iterationen (A. Frommer), Analysis und Numerik linearer differenziell-algebraischer Gleichungen (P. Kunkel, V. Mehrmann), Berechnung der Konvergenzordnung von Folgen bei iterativen Prozessen (J. Herzberger).

Die einzelnen Kapitel sind in sich abgeschlossen und jeweils am Ende mit einer umfangreichen aktuellen Bibliographie für weiterführendes Studium und Detailfragen versehen. Jedes Kapitel führt leicht verständlich in die entsprechende Aufgabenklasse mit den anstehenden Problemen ein. Die vorgestellten Algorithmen werden mathematisch exakt mit wissenschaftlicher Strenge fundiert und hinsichtlich ihrer Eigenschaften und ihres Rechenaufwandes bewertet. Für alle mathematischen Aussagen sind die Beweise angegeben. In Abhängigkeit von der Aufgabenklasse veranschaulichen unterschiedlich viele Beispiele die Leistungsfähigkeit der Algorithmen.

Das Buch hebt sich wohltuend von der großen Anzahl bereits verfügbarer ´´Rezeptbücher´´ zum Programmieren numerischer Algorithmen ab. Es ist gut verständlich geschrieben und übersichtlich gegliedert. Studenten der Angewandten Mathematik kann es bei der Vertiefung ihrer Kenntnisse im Bereich des numerischen Rechnens ein willkommenes Hilfsmittel sein, allen mit der Anwendung leistungsfähiger numerischer Verfahren in den unterschiedlichen Anwendungsbereichen Beschäftigten vermittelt es viele neue Anregungen und stellt es sofort nachnutzbare Hilfsmittel zur Verfügung.

Obwohl im Vorwort das symbolische Rechnen explizit als wichtige Komponente im Bereich des Wissenschaftlichen Rechnens angesprochen wird, ist in den einzelnen Kapiteln wenig davon zu spüren. Es dominiert überwiegend das numerische Rechnen. Dabei wird völlig außer acht gelassen, daß der Bereich des Wissenschaftlichen Rechnens in Verbindung mit der Hochleistungscomputertechnik wesentlich komplexer zu sehen ist und auch andere Teilbereiche von Mathematik und Informatik zu integrieren sind.

Karl Hantzschmann (Rostock)


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Ulrich Schwardmann
Tue Jan 14 18:38:19 MET 1997