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Hörhager, Markus, Partoll, Heinz, Problemlösungen mit Mathcad für Windows

Addison-Wesley Publ. Co., Bonn, ISBN 3-89319-728-1, 1995, pp. 336, DM 59,90.  

In Problemlösungen mit Mathcad für Windows/ wird MATHCADverwendet, um Probleme aus den Bereichen Mathematik, Physik, Qualitätssicherung, Biologie und Chemie, Volks- und Betriebswirtschaft, Maschinenbau, Elektronik und Elektrotechnik, Nachrichtentechnik sowie Impuls- und Regeltechnik zu lösen. Jedem dieser Themen ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Das Buch wird mit einer Diskette ausgeliefert, die die Mathcad-Worksheets zu den behandelten Themen enthält.

Leider ist dieses Buch nicht so gelungen wie Hörhagers oben besprochenes Buch über MAPLE.

Zunächst einmal ist der von MATHCADerzeugte und in das Buch integrierte Output qualitativ eher dürftig. Beispielsweise werden alle Indizes und Exponenten mit einem viel zu großen Abstand dargestellt, etwa wie auf S. 86 [ d^2d;t^2;;;+;!! (ddt;;) +(_;;;0^2+^;;24)! !sin(;;)!!=!! a!!cos(_;;;e!!t) ;. ] Solche Formeln lassen sich nur sehr schwer lesen. Auch die grafischen Darstellungen des Buchs entsprechen in ihrer Qualität nicht heutigen Ansprüchen.

Das Buch bleibt an vielen Stellen unvollständig, die Darstellung wird abgebrochen, und es wird auf die beiliegende Diskette verwiesen, beispielsweise auf S. 123: ,,Nähere Einzelheiten entnehmen Sie bitte dem Mathcad-Dokument PENDEL.MCD auf Ihrer Beispieldiskette.'' Verwendet man nun die Beispieldiskette, so muß man leider feststellen, daß nicht alle Mathcad-Dateien vollständig sind und ihre interaktive Ausführung nicht gelingt.

Aber auch inhaltlich bin ich mit dem Buch nicht immer einverstanden. Ich möchte meine Kritik an einem Beispiel darstellen, das auch sehr instruktiv die Grenzen von Mathcad (s. auch folgende Besprechung) aufzeigt.

Auf S. 94 des Buchs versucht der Autor, die ersten Legendre-Polynome [ P_n(x)=_k=0^[n/2](-1)^k2^n,n k,2n-2kn ,x^n-2k ] zu berechnen. In MAPLEkann man beispielsweise einfach definieren

P:=proc(n,x) 
local k: 
sum((-1)^k/2^n*binomial(n,k)*binomial(2*n-2*k,n)*x^(n-2*k),k=0..n/2)
end:
Dies entspricht direkt der oben gegebenen Definition und ist (zur symbolischen Berechnung der Polynome) schon recht effizient. Man kann dann in wenigen Augenblicken beispielsweise P_100(x) (mit riesigen rationalen Koeffizienten) berechnen. Leider kann man in Mathcad nicht direkt auf Binomialkoeffizienten zugreifen. Ersetzt man diese durch Fakultäten, so gibt es bei der Numerik sehr schnell Überlauf, und eine Berechnung ist nicht mehr möglich. Als generelle Funktion (ohne Festsetzung der einzusetzenden x-Werte) kann man mit einem solchen Objekt leider ohnehin nicht in Mathcad arbeiten. Daher eignet sich die gegebene Darstellung in Mathcad überhaupt nicht zur Berechnung des n-ten Polynoms, nicht einmal für kleine n.

So also muß man es also verstehen, wenn nun der Autor sagt: ,,Die schnellste Art die Legendre Polynome P_l(x) mit Mathcad zu bestimmen, erfolgt mittels Reihenentwicklung der erzeugenden Funktion.'' Dies ist vom theoretischen Standpunkt eine der ineffizientesten Methoden, und es liegt nur an der Konzeption von Mathcad, daß dies die ,,schnellste'' Art hergibt. Zur graphischen Darstellung der ersten Legendre-Polynome verwendet der Autor dann eine Integraldarstellung: welch absurde Situation.

Ich finde es an dieser Stelle höchst bedauerlich, daß sich die Autoren bei der Darstellung mathematischen Wissens stärker an dem benutzten Programmpaket orientieren als an der zugrundeliegenden Mathematik. Hier wird der Leser meines Erachtens in die Irre geführt.

Zusammenfassend möchte ich also sagen, daß ich dieses Buch für unfertig halte. Eine sorgfältige Überarbeitung könnte es allerdings durchaus auf ein ähnliches Niveau bringen wie Hörhagers oben besprochenes Buch über MAPLE.

Wolfram Koepf (Berlin)


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Ulrich Schwardmann
Tue Jan 14 18:38:19 MET 1997